Das Alter braucht ein neues Image ist eine zentrale Aussage von feel-well, unserer Frauenplattform für bewusstes Altern. In diesem Beitrag nähern wir uns dem Thema Alter und Jugend über die philosophische Ebene. Wir stützen uns dabei auf die Textsammlung vom Kolloquium der Academia Philosophia*) im Herbst 2018. Danke für die freundliche Zustimmung, Auszüge daraus zu veröffentlichen.
Philosophische Äußerungen von Aristoteles bis Rousseau
Durch alle Zeiten hindurch haben sich Philosophinnen und Philosophen zu Lebensaltersfragen geäußert. Ihre Auffassungen gleichen einem Kaleidoskop der Blickwinkel. So ist bei Demokrit zu lesen: Achtet die Jungen! Wie wollt ihr wissen, ob sie nicht eines Tages alles das sein werden, was ihr jetzt seid? Bei Aristoteles steht: Das Leben der Jugend beherrscht alle Leidenschaft, sie geht hauptsächlich auf das Vergnügen aus und genießt den Augenblick. Der Glücksphilosoph Epikur schreibt: Nicht der Jüngling ist glücklich zu preisen, sondern der Greis, der gut gelebt hat. Bei Jean-Jacques Rousseau klingt es so: Die Jugend ist die Zeit, Weisheit zu lernen, das Alter hingegen die Zeit, sie auszuüben.
Gedankensplitter zur Philosophie des Alters
Und damit sind wir beim eigentlichen Thema. Wer vom Alter spricht, so könnte man auch sagen, der spricht von der Jugend und dem Sterben und wer von der Jugend spricht, der spricht vom Alter. Denn weder das eine noch das andere lässt sich getrennt voneinander betrachten. Doch wo liegt das Ziel dieses Sprechens? Im Menschsein selbst. Und dabei nicht so sehr im biologischen als vielmehr im biografischen Sinn. Denn Jugend und Alter sind mitnichten bloß biologische Phänomene, sondern biografische. Die Erlebniswelt der Jungen ist eine andere als die der Alten. Nicht nur die Körperwahrnehmung ändert sich, sondern die Wirklichkeit, in der man lebt. Es ist also nicht die biologische Dimension, sondern die biografische, die die Besonderheit des jeweiligen Lebensabschnittes bestimmt.
Philosophie heute: „Was nicht schwer ist, ist kein Gold.“
In unserer heutigen Zeit hat das philosophische, also das systematische und kritische Denken einen schweren Stand. Es wird ihm nicht selten als Vehikel zum Verständnis der Welt misstraut. Die menschliche Vernunft wird nicht alle Fragen beantworten können. Letztlich ist es aber unser Denken, das uns in Aussicht stellt, die prinzipiellen Zusammenhänge im Universum und unser eigenes Dasein in ihm zu begreifen.
Es ist allerdings in Mode gekommen, auch die Philosophie zu trivialisieren und ihre Sache zu einer weitaus seichteren und weniger schwierigen Tätigkeit zu machen, als sie in Wirklichkeit ist. Es wird versucht, den theoretischen Charakter aufzuweichen und dem Diktat des Nutzens zu entsprechen.
Der deutsche Philosoph Franz von Kutschera sagt sehr treffend: „Wirklich einfach und allgemeinverständlich ist leider nur schlechte Philosophie. In guter Philosophie bemüht man sich, auf Gipfel zu gelangen, von denen aus man eine Übersicht über die zerklüftete Landschaft unseres Wissens hat. Nur hohe Gipfel bieten einen solchen Überblick und auf sie kommt man nur mit Kraft, Ausdauer und angemessener Ausrüstung. In einem anderen Bild: Was nicht schwer ist, ist kein Gold.“
*) Die Academia Philosophia ist eine österreichische Privatakademie für Philosophie und philosophische Weltdeutung und wurde 2012 zur Erwachsenenbildung und Forschung gegründet. www.academia-philosophia.com