Fit sein und stark bleiben

Podcast #5: Muskeltraining in den Wechseljahren

Tina Kaiser, 42, (li im Bild oben) hat von klein auf viel Sport gemacht. Als junges Mädchen rhythmische Leistungssport-Gymnastik, später war sie Fitnesstrainerin, um ihr Psychologie-Studium in Wien zu finanzieren. Und dann hat sie damit weitergemacht, als Ausgleich zu ihrer Arbeit als Psychologin in der Wirtschaft. Bei einem Team-Training habe ich sie einmal kennengelernt und seither nicht mehr aus den Augen verloren. Vor ein paar Jahren ist Tina Kaiser nach Florida gegangen und betreibt nun in Cape Coral ihr eigenes Fitness-Studio, Fit + Fun. Bei ihrem Wien-Besuch im September 2019 hat sie uns im feel-well-Studio besucht. Im Gespräch erklärt sie, warum es für Frauen wichtig ist, fit zu sein und stark zu bleiben. Sie gibt Tipps für richtiges Muskeltraining und erklärt, warum wir unseren inneren Schweinehund überwinden sollten. Muskeltraining in den Wechseljahren. 

Fitnesstrainerin Tina Kaiser: Muskeltraining für Haltung und Selbstvertrauen

Wie arbeitest du mit den Menschen, die zu dir in dein Fitness-Studio kommen? Entwickelst du eigene Programme oder hast du fixe Angebote?

Tina Kaiser: Beides. Ich habe mich auf die Trainingsarten fokussiert, die vor allem im Alter den höchsten Effektivitätsgrad haben. Das ist auf der einen Seite Muskelaufbautraining, Flexibilität und Herz-Kreis-Lauftraining. Da biete ich in meinem Studio verschiedene Stunden an. Ich habe maximal 15 Leute in einem Kurs und kann ihnen immer selbst persönlich Tipps geben und, wenn nötig, Modifikationen und Korrekturen anleiten. Auf der anderen Seite gibt es natürlich auch die Möglichkeit, ein persönliches Training mit mir zu machen. Da bekommen die Leute dann wirklich ein gezieltes, auf sie abgestimmtes Trainingsprogramm, meistens auch mit Tipps für Ernährung und Lebensführung.

Welches Fitness-Programm würdest du einer Frau in der Lebensmitte empfehlen?

Es kommt immer darauf an, was ihre Ziele sind, und wie ihre Ausgangssituation ist. Wenn ich von einer Frau ausgehe, die keine großen medizinischen Indikatoren hat – außer den normalen Abnützungserscheinungen in diesem Alter – dann empfehle ich auf jeden Fall Krafttraining, also Muskelaufbau und Muskelkrafttraining. Erstens fordert die Schwerkraft rein optisch ihren Tribut. Zweitens wegen der Haltung. Die meisten Menschen beginnen sich mit der Zeit nach vorne zu wölben und entwickeln einen sogenannten Rundrücken. Und da kann man mit Muskelkraftaufbau die Haltung wieder ins rechte Lot rücken. Dafür ist es nie zu spät. Es gibt mittlerweile Studien, die besagen, dass sogar 90-jährige noch Muskulatur aufbauen können.

Außerdem sind Muskeln der Brennstoff des Körpers. Je mehr Muskulatur, desto mehr kann man essen oder desto weniger muss man auf die Ernährung achten, weil die Muskulatur Kalorien verbrennt. Viele Frauen halten Diät und reduzieren dadurch ihren Stoffwechsel extrem, zusätzlich machen sie Kardio-Training mit Laufen, Steppen und Walken und verlieren dabei Muskelmasse. Wenn sie Muskelmasse verlieren, können sie nie wieder den gleichen Betrag an Kalorien zu sich nehmen wie vorher, sie nehmen automatisch immer wieder zu. Was ich noch für sehr wichtig halte ist Flexibilität, also Beweglichkeit. Die Flexibilität ins Alter mitnehmen, oder im Alter noch mehr ausbauen, ist ganz, ganz wichtig.

Wie sieht ein ideales Muskeltraining für Frauen in den Wechseljahren aus?

Wenn man eine schwache Muskulatur hat, und niemals etwas in diese Richtung gemacht hat, beginnt man mit körpereigenem Gewicht zu arbeiten. Dann startet man mit leichten Aufbauübungen und Halteübungen. Z.B. eine ganz einfache Übung für die Rückenmuskulatur: Man stellt sich gegen eine Wand und versucht die Schulterblätter aneinander zu ziehen. Aber unser Körper lernt schon in der zweiten Trainingseinheit, sich an die Übung zu gewöhnen. Deshalb bringt es nichts, immer die gleichen Übungen zu machen, ohne Gewicht oder Wiederholungen zu steigern. Man muss irgendwann das sogenannte Resistance-Training einbauen.

Kann ich mich alleine um meinen Muskelaufbau kümmern, oder ist es empfehlenswerter, sich einen Coach zu holen?

Wer noch niemals mit solchen Übungen zu tun hatte, sollte sich auf jeden Fall am Anfang jemanden holen, der auf die korrekte Haltung bei den Übungen achtet. Denn gerade beim Krafttraining kann man mehr kaputt machen als man sich Gutes tut. Das muss nicht unbedingt ein Personal Trainer sein. Das kann auch jemand in einer Gruppenstunde sein, der seinen Job versteht. Wenn ich dann ein gutes Gefühl habe, kann ich durchaus auch alleine üben. Die Frage ist halt, ob man sich alleine motivieren kann. 

Warum sind die Muskeln so wichtig für uns im Alter?

  1. Die Optik: Ein schlaffer Körper schaut anders aus als ein straffer Körper. Zweitens verlieren wir ab dem 30. Lebensjahr durch die hormonelle Umstellung immer mehr Muskelmasse. Mit 60 Jahren produzieren wir nur mehr 20 Prozent von dem Wachstumshormon, das wir im Alter von 20 Jahren produziert hätten. Das Wachstumshormon ist für den Aufbau von fettfreier Masse zuständig, sorgt auch für Vitalität und guten Schlaf.
  2. Muskulatur gibt Halt: Haltung gibt Halt. Wenn ich eine gute Haltung habe, habe ich eine ganz andere Ausstrahlung auf meine Mitmenschen. Es gibt mittlerweile viele Studien, die Körperhaltung, Körperposen, Körpersprache mit Erfolg im Job gleichsetzen können. Man engagiert eher jemanden mit einer straffen Körperhaltung als mit einer schlaffen.
  3. Osteoporose: Die Knochendichte nimmt im höheren Alter ab. Ein Muskelkorsett hilft, die Knochen zu schützen. Starke Muskeln schützen vor Verletzungen. Wenn man fällt, schützt die Muskulatur. Man fliegt nicht gleich auf den Knochen oder auf das Fettgewebe. Das Fettgewebe gibt nach und man bricht sich viel schneller etwas, als wenn man starke Muskeln hat. Wenn man eine starke Muskulatur hat, kann man sogar mit Einrissen in Sehnen gut leben und ist nicht eingeschränkt im Alltag oder im Training. Ein großes Thema bei Frauen ist auch die Beckenbodenmuskulatur, je stärker diese ist, desto stärker ist die Rumpfmuskulatur.

Muskeltraining in den Wechseljahren: Welchen Einfluss hat körperliche Fitness auf die Psyche?

Eine große. Unsere Emotionen haben Auswirkungen auf den Körper. Und der Körper hat Auswirkungen auf die Emotionen. Wenn du dich gut fühlst, weil du gesund bist, weil du eine gute Körperhaltung hast, weil du dich schön fühlst, hast du automatisch eine andere Ausstrahlung und eine andere Beziehung zu dir selbst. Und das sieht man. 

Hör-Tipp: Das ganze Interview zum Thema Muskeltraining in den Wechseljahren gibt es auch als Podcast zum Anhören. Tina Kaiser erklärt unter anderem auch, woran man einen guten Fitness-Trainer findet, welche Ernährung das Muskeltraining unterstützt und erzählt, was am Älterwerden in Amerika anders ist als bei uns. Viel Vergnügen wir freuen uns auf Euer Feedback! Fragen an die Trainerin leiten wir gerne weiter.